…war ich in den letzten 5 Tagen. Eigentlich wollte ich ja heroisch auf über 6000m steigen, aber meine „Touroperator“ hatten, ohne es mir zu sagen, Anderes vor. So wurde mir hinterlistiger Weise nur ein Trek um den 6384m hohen Ausangate angedreht. Glücklicher Weise gehört der Ausangate Trek zu den schönsten der Welt (zumindest stand das letztens irgendwo im Internet und das Internet lügt ja bekanntlich nie) und so wurde doch ein ziemlich schöner Trip daraus. Leider ohne Cil, die musste Arbeiten….toller Freund bin ich.
Nunja, trotzdem ging es dann Donnerstag los nach Tinqui, einem Dörfchen am Fuße des Ausangate. Dort wurde ich zunächst mit Equipment, einem Tour-Guide, 2 Pferden und einem Pferdeaufpasser ausgestattet. Die Namen der beiden Begleiter erinnerten mich an Wrestler: Graciano und Raymondo sahen aber ganz harmlos aus. Das Equipment sah ganz schön viel aus, dafür dass es doch nicht auf den Ausangate ging. Preislich war ich aber tatsächlich genauso gut dabei wie sonst in einer ganzen Gruppe. Und nun tue ich so als hätte ich Tourtagebuch geschrieben:
Tag 1:
Ist wohl eher Nachmittag 1, es gibt eine Runde Ein-wandern. Zwei Stunden auf eine Höhe von ca. 3800m. Dort steht mein Zelt neben dem Haus einer Bergbauern-Familie. Die Kinder dort helfen beim Auspacken und Pferd entladen, ich zahle in Schokolade. Ich merke zum ersten mal, dass vermutlich amerikanischer Tourismus hier spuren hinterlassen hat. Ein haufen Zeugs im Gepäck nur für den Trekking-Gast. Der Tourguide packt den Gasherd aus und kocht was das Zeug hält. Ist wohl ein Koch-Guide. Vorsuppe und Spaghetti Napoli, alles frisch. Ey, ich wollte Outdoor-König sein und nich Luxus-Gast. Nunja, fotografier ich, so lange der Koch kocht, den Sonnenuntergang:
Tag 2:
Die Nacht war recht frisch im Zelt, der Boden ist morgens verdächtig weiß. Gute Nachricht: morgen Nacht wird’s kälter.
Zum Frühstück gibt es Omelett. Na klar, Omelett, jetzt übertreibt er. Aufgegessen Küche aufs Pferd, auf geht es. Der Blick Richtung Ausangate macht Vorfreude auf die kommenden Tage.
Unterwegs gibt es jede Menge Alpacas zu sehen:
Auf ca. 4000m gibt es Mittag. Das heißt? Richtig: Küche runter vom Pferd, Essen raus, 2h Pause. Der Herr Tourist will ja ordentlich bekocht werden. Sogar ein Deckchen haben sie mir hingelegt. Wer zur Hölle hat das eingeführt?
Nach Vorsuppe und Nudelpfanne geht es zum ersten Test meiner Lunge. Der Arapu Pass liegt auf 4760m, hat dadurch schon recht wenig Sauerstoff und sieht oben auch ein wenig mondlandschaflich aus. Ich keuche ein wenig, die beiden Einheimischen schlendern vorneweg.
Die Landschaft wird immer besser. Wir kommen zu einem Bergsee, der sein Wasser vom Gletscher des Ausangate bekommt. Oder poetisch: ein glänzend azurblauer See, der von den kühlen Wassern des majestätischen Ausangate-Gletscher gespeist wird. Naja. Nicht so meins. Deshalb das erste Foto auch nur mit dunkel-blauem See.
Einen See weiter sollte dann unser nächstes Camp sein. Zuvor treffen wir eine Alpaca-Herde. Ganz schöne Poser, wie sie sich kauend vor den Gletscher stellen. Der Fotograf dankt.
Wie gesagt, zweiter See, zweites Camp (wobei der erste See ja ohne Camp und das erste Camp ohne See…egal). Die Jungs bauen die Küche und ihr Zelt auf. Da der verwöhnte Tourist ja dabei nicht helfen kann, gehe ich baden. Naja, Wasser an mich werfen. Es war ganz schön kalt. Dazu ein Bild zum Thema Schärfeverlauf.
Nach Bad und Dinner ging ich ziemlich früh schlafen, morgen war früh aufstehen angesagt, zwecks längerer Strecke. Minus Sechs Grad verhinderten allerdings wirklich erholsames Schlafen.
Tag 3:
Eierkuchen zum Frühstück. Ich sag schon nix mehr. Pferde satteln und los geht es um halb 9. Von 4600m geht es rauf auf den Apachata Pass von knapp 4900m. Von dort konnte man schon den nächsten Pass sehen, den Palomani – 5200m. Juchhee nur noch 300 Höhenmeter. Denkste. Blödes Tal, wenn auch schön.
800m runter 1300m hoch. Guide, Pferde und Pferdehalter legen ein Tempo vor, als gäbe es keine Höhenluft. Auf dem Pass angekommen sagt mir ein Blick auf die Uhr, dass wir gerade 1600m hoch und 800m runter in 2h gelaufen sind. Das ist vermutlich der Punkt, an dem wir die langen Kochpausen aufgeholt haben. Im übrigen trägt mein Guide heute Sandalen. Vermutlich will er mich motivieren.
Es folgt ein laaaanges Tal (der ganze Aufstieg ist wieder dahin), Reis mit Schei* zum Mittag und ein Aufstieg zum nächsten Camp auf 4900m. Die Pferde haben Lust auf schneller Laufen, weshalb Raymondo auch schneller läuft. Hallo? Höhenluft? Nö, kennt er nich. Er ist vermutlich eine halbe Stunde eher am Camp als Graciano und ich. Heut noch früher ins Bett, denn morgen ist richtiges Bergbesteigen dran (und außerdem bin ich total am Ende)
Tag 4:
4.30 Wecken. Denn wie der kundige Bergfreund weiß, sind Berge mit Gletscher spätestens zur Mittagszeit zu gefährlich zum drin rum klettern. Meinen Guide hindert die Uhrzeit nicht daran mir allen ernstes so eine Art „Armer Ritter“ zu brutzeln. Meine Nerven.
Es dämmert und Graciano und ich machen uns auf den Weg auf den Santa Catalina, 5800m. Bald werden Steigeisen nötig, komischerweise nur für mich. Uns kommt eine Gruppe Engländer mit 2 Guides entgegen. Die sind wohl ein Stück früher aufgestanden und sehen aus als kämen sie vom Everest. Gute Ausrüstung ist für Weicheier.
Die letzten Meter sind ziemlich steil und anstrengend. Wer 1000m-Läufe früher wegen des Lungengefühls danach nicht mochte, dem gefällt das Klettern hier sicher auch nicht. Ich frage mich wofür der Eispickel da ist, hab ihn nur 2 mal aus Langeweile ins Eis gespickt, aber vielleicht wollte mein Guide vor der anderen Gruppe nicht ganz so schlecht ausgerüstet aussehen.
8 Uhr: endlich oben. Was für eine Aussicht, da kann man schonmal so tun als hätte man 2 Eispickel gebraucht.
Vor Freude oder aus Sauerstoffmangel war mir nach Kopfstand.
Es gibt ja so eine Bergsteigerregel, die besagt, dass Absteigen schwerer ist als Aufsteigen. Kann man ab 4000m komplett vergessen. Runterspazieren würde ich es nennen, im Vergleich zum Aufstieg. So waren wir gegen 10 Uhr schon wieder im Tal und mein Guide hatte genügend Zeit, die Küche aufzubauen und essen zu machen. Am Ende des Tages kamen wir dann nach Pachanta auf 4250m. Dort gibt es heiße Quellen und einen kleines Lädchen, das Bier verkaufte. Ausgezeichnet.
Danach habe ich noch ein wenig in der Gegend herumfotografiert, einheimische Kinder standen netter Weise Model. Naja, ich hatte auch Schokolade.
Tag 5:
Noch ein paar Meter runter, wieder nach Tinqui und dann ab nach Cusco. Dort wartete auch schon Cil, die die Zeit genutzt hatte um sich ihre dritte Lebensmittelergiftung in Südamerika einzufangen.