Arbeit und Machu Picchu und so Zeugs.

18 06 2011

Ja, ich benutze diesen Blog noch. Auch wenn die Aktualität gerade etwas daran zweifeln lässt. Es könnte aber tatsächlich daran liegen, dass ich zur Zeit entweder arbeite oder zu meinem Vergnügen unterwegs bin.
Tagesordnungspunkt eins: Wie? Arbeit? Ganz richtig, Praktikantenarbeit. Und das eigentlich schon seit 3 Wochen. Cil hatte ihre Beziehungen als Praktikantin spielen lassen und siehe da, ein Schweizer Kollege brauchte Unterstützung für ein kleines Projekt. Inhalt des Ganzen: den Peruanische Kollegen mal zeigen wie man die Bauphysik, also Hausklima und so Zeugs berechnen kann und das am besten so, dass die eher mittelmäßig gut ausgebildeten Ingenieure hinterher an dem Projekt weiterarbeiten können. Also erst rechnen und basteln und dann mit meinem Wo-bitte-ist-der-Weg-zum-Bahnhof-Spanisch dem Kollegen erklären, wo ich meine Werte für die spezifische Wärmekapazität und die Formel für die Konduktivität her nehme. Das ist ziemlich interessant, macht ’ne Menge Spaß, und irgendwie tu ich dabei noch was Gutes, denn das Büro ist eine Spanien-finanzierte NGO, die armen Gebieten in und um Cusco bei der Entwicklung hilft. Unsere Kundschaft sieht meist ungefär so aus, wie auf dem folgenden Bild. Und auch meine Eltern sind zufrieden, dass ich hier nicht nur Urlaub mache. Ausgezeichnet.
Geschäftsessen
Tagesordnungspunkt zwo: Wir waren endlich auf dem Machu Picchu. Da es sich dabei um eins der neuen Sieben Weltwunder handelt, muss man sich leider größeren Tourismusströmen und anderen Unannehmlichkeiten hingeben. Einfach hinfahren und angucken ist da nicht. Da brauch man ein Megaspezialticket für den Eintritt, ein Megaspezialticket für den Zug und megaspezialviel Durchblick um nicht auf den erstbesten Touroperator reinzufallen. Irgendwie haben wir dann eine halbwegs billige Tour mit dem Bus über 3-5 Dörfer inklusive Wandern für den Hinweg und eben einem Megaspezialticket für den Zug zurück organisiert. Unsere kleine Reisegruppe bestand aus 5 Personen. Noch 2 Mädels aus Bayern und ein Ami. Nach kurzer Überlegung zu seiner Glaubensrichtung kam der Ami zur Frage ob „4 Germans and a Jew“ eine gute Gruppenzusammensetzung sei. Eieiei. Nunja, da musste er durch. Apropos Durch-müssen. Die Hinfahrt war die Hölle. Unser Busfahrer war entweder geistig schwer verwirrt oder aus der Hölle. Fliehkräfte in der Kurve kannte er nicht und dass es rechts oder links gerne mal 1000m runter ging störten ihn auch nicht. Schweißgebadet aber glücklich überlebt zu haben, ging es Nachmittags weiter auf eine kleine Wander-Etappe nach Aguas Calientes, dem Dorf am Fuße des Machu Picchu. Was für eine Idylle, grüne steile Berge, ein schöner Gebirgs-Fluss und dazu ein Hotel an dem anderen. Naja, eine Nacht hält man es in dieser Hotellandschaft schon aus.
Am nächsten morgen war frühaufstehen angesagt, denn nur die ersten 200 Touristen (ja, das ist nur ein Bruchteil) dürfen auf den Huayna Picchu steigen, mehr dazu gleich. Jedenfalls wird um 5 Uhr morgens das Tor zum Weg auf den Machu Picchu geöffnet und damit der Wettlauf auf den Berg zum Eingang der Inkaruinen. Um 4.45Uhr waren wir ca. Nr. 145-150 in der Schlange. Das hat schon was vom Handtuchkrieg auf Malle. 5 Uhr: Startschuss, alle hetzen los. Nach 10min Laufen wird’s langsamer, weil die ganzen Supertouris wohl vergessen haben, dass es steil ist und auch ein wenig Höhenluftig. Um mich rum keucht es wie auf den letzten Metern eines Marathon. Nach zwei Monaten Aklimatisation auf 3400m find ich das ganze eher belustigend als anstrengend. Endlich oben, jede Menge rote Köpfe und verschwitzte Klamotten (das Klima hier hat auch einiges dazu beigetragen) stehen in einer riesigen Schlange. Als wir endlich in den Ruinen sind, werden wir für den Stress belohnt. Ich hätte wirklich nicht gedacht, wie beeindruckend dieser Ort ist. Der Sonnenaufgang und aufsteigende Wolken setzen nochmal einen drauf.
Guten Morgen!
Sonne überm Berch
Um 10Uhr (gefühlt 15Uhr nachmittag, verdammtes frühes Aufstehen) wurde der Weg zum Huayna Picchu geöffnet. Huayna Picchu ist der spitze Berg hinter den Ruinen, siehe Bilder. Da oben gibt es eine weitere Ausgrabungsstätte und eine großartige Aussicht. Doch vorher kommt ein halbstündiger Aufstieg. Höhenangst ist da schlecht. Ein Glück dass nur 2 von 3 Personen unserer Klettergruppe (2 Mädels blieben lieber unten) Höhenangst hatten. Inkas waren vermutlich sehr schwindelfrei. Ich jedenfalls bräuchte keine Treppe an meinem Hauseingang, bei der ein falscher Tritt spontane 1000m Höhenunterschied bedeutet. Harte Typen, die Inkas. Cil hat hier mal ein Beispielfoto auf den Treppen gemacht. Ich glaube die haben nicht im Neufert nach einem Stufenmaß geschaut. Wenigstens konnte man an dieser Stelle nicht ganz so weit runter fallen .
Rutsch und Weg
So ganz unberechtigt schien die Höhenangst doch nicht: man musste sich vor Beginn des Aufstieges mit Namen ein- und am Ende wieder austragen, damit die „Bergwacht“ wusste, wieviele Menschen noch zu suchen sind… Nach einer weiteren Runde Spazierwandern durch die Ruinen, war die Lust am Laufen auch erstmal vorbei und Ausruhen war angesagt. Glücklicherweise aber mit folgender Aussicht. (Ja, da oben auf der Spitze waren wir)
Idyllische Wohnlage
Der Rest ist (relativ) schnell erzählt: Abstieg nach Aguas Calientes und erstmal Essen und ausruhen im Restaurant mit idyllischer Lage mit nur sehr wenig Zugverkehr.
Speisewagen
Abends ging es schnell mit dem Zug wieder nach Cusco…ähm doch nur Ollantaytambo. Da hatte sich unser Touroperator wohl gedacht, es wäre ja zu einfach mit dem Zug durchzufahren. Von uns wusste nur keiner was davon, wie eigentlich immer hier. Nunja, irgendwie wurden wir dann noch mit einem Kleinbus und diesmal halbwegs zurechnungsfähigem Fahrer nach Cusco gebracht.



Glück gehabt

13 06 2011

Ollanta hat die Wahl gewonnen, 51kommairgendwas zu 49kommairgendwas Prozent der Stimmen. Knappe Kiste. Die komische Keiko wird hier also nix regieren und auch ihren Diktator Pappa nicht so schnell aus’m Knast holen. Und vielleicht schafft es Ollanta ja wirklich, die ärmeren Bevölkerungsschichten ein bisschen mehr am geringen Reichtum Perús teilhaben zu lassen. Mindestens die Chefetage meines Büros ist mit dem Wahlausgang sehr zu frieden, bzw. zumindest beruhigt darüber.



Iiih, Politik.

2 06 2011

An diesem Wochenende soll in Perú ein Präsident bzw. eine Präsidentin gewählt werden. Es ist bereits der 2. Wahlgang, da für den Wahlsieg ein absolute Mehrheit der Stimmen nötig sind. Im ersten Wahlgang hatten von 11 Parteien 5 eine reelle Chance die meisten Stimmen zu erhalten. 3 Parteien davon mit einer Politik der Mitte hatten so wunderbar ähnliche Wahlprogramme, dass sie sich ähnlichgesinnte Wähler wegnahmen und den Weg frei machten für die beiden „extremen“ Präsidentschaftskandidaten Ollanta Humala (Linksnational) und Keiko Fujimori (kann gar nix), die nun in der Stichwahl sind.
Während Ollantas Wahlprogramm sich um eine bessere Grundversorgung der Bevölkerung und Rücknahme einer Privatisierungen der letzten Jahre dreht, wirbt Keiko mit 0815-Parolen und bunten Bildchen. Keikos Hauptqualifikation besteht aus ihrem Vater Alberto Fujimori der hier vor 10 Jahren die Verfassung zu seinen gunsten änderte, eine nette Scheindemokratie aufbaute und unter dem Vorwand der Jagd auf Terroristen jede Menge Menschen um die Ecke brachte. Dank seiner hervorragenden Arbeit als Diktator ist sein jetziger Wohnort auch ein Gefängnis. Das bringt uns zu Keikos Hauptanliegen im Falle eines Wahlsieges: der Begnadigung ihres Vaters. Auch in Sachen Korruption gibt es aus Richtung Keiko die ein oder andere Geschichte zu erzählen. Einige Mitarbeiter hier im Büro sind sich recht einig, dass ein Wahlsieg Keikos den Weg frei macht für die schon vorhandenen mafiösen Strukturen im Land, es nur einige wenige Profiteure ihrer Politik gibt und eine Ausbeutung von Land und Leuten (wie man das so mit Entwicklungsländern macht) weiter voran schreitet. Echt eine tolle Frau. Allerdings ist ihr Wahlkampf äußerst professionell geführt und das politische Bewusstsein der Peruaner äußerst oberflächlich. Einige Wähler-Argumente, die ich bisher so mitbekommen habe sind: die haben uns T-Shirts geschenkt, am Wahlstand gab es leckeres Essen oder bei Frauen die Wahl Keikos eben weil sie auch eine Frau ist (Gleichberechtigung kann man währendessen in Ihrem Wahlprogramm vergeblich suchen). Leider hat auch der Fakt, dass Keikos Diktator-Pappa die Landbevölkerung vom „Terrorismus“ befreit hat (zu welchem Preis, wissen die wenigsten) ein nicht unwichtiger Einfluss auf den Wahlverlauf. Man scheint davon auszugehen, dass Keiko nur die positiven Dinge ihres Vaters übernimmt und auf gar keinen Fall die diktatorischen Züge.
Ich jedenfalls hoffe für die Einwohner Perus, dass Ollanta die Wahl gewinnt. Mit dem nationalistischen Anteil seiner Politik kann ich zwar nur eingeschränkt etwas anfangen, aber er ist eindeutig das geringere Übel.
Und nun kommt’s: gestern war der gute Herr in Cusco um nochmal die Werbetrommel zu rühren. Falls er Präsident werden sollte, muss man den auch mal gesehen haben, dachten wir uns und waren auch auf dieser Wahlveranstaltung. Und Wahlveranstaltungen hier haben schon ein ganzes Stück mehr Schwung als in Deutschland. Von mir geschätzte 30 000 Leute mit ebenfalls geschätzen 31 000 Flaggen machten am Plaza Tupac Amaru ordentlich Stimmung. Schon beeindruckend und interessant wie groß der PErsonenkult um die Wahlkandidaten hier ist. Mit Show und Tänzern voreweg und einer ziemlich gut inszenierten Rede und mitreißender Rhetorik. Dazu Beweisfotos, wenn man auch nur erahnen kann, wie Ollanta aussieht.
In diesem Sinne: Ollanta Presidente! No a la corrupción!
Eine von Tausenden
Wählerschaft
Junger Anhänger
Ollanta
Ausnahmsweise in der Mitte, sonst ganz weit links: Ollanta Humala

Wer noch einen seriöseren Artikel zum Thema lesen will, mit etwas detaillierteren Informationen, sollte mal bei Cil vorbeischauen